Diversität und ihre Chancen
2004 trat das österreichische Gesetz, die Richtlinie 2000/43/EG (Antirassismusrichtlinie) und Richtlinie 2000/78/EG (Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie) in Kraft. 2006 folgte die gesetzliche Grundlage in Deutschland. Das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) beschreibt das “Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen soll.” und bietet damit erstmals den rechtlichen Rahmen für eine eine Einbettung von Diversity in die Gesellschaft und damit einhergehend die Unternehmenskultur. Gesetzliche Rahmenbedingungen und die Diversity Charters der EU sind Grundlagen, viel wichtiger ist allerdings die tatsächliche selbstverständliche Einbettung von Vielfalt und Chancengleichheit.
Wie erfolgt die Umsetzung in der Unternehmenspraxis? Und was bringt Diversity überhaupt im Unternehmen?
Zur Bedeutung von Diversity
Es gilt ein Arbeitsumfeld im Unternehmen zu schaffen in dem alle Beschäftigten, die gleiche Wertschätzung und Förderung erfahren. Dazu bedarf es Diversity- Tage, Themenkonferenzen, Studien, Vielfältigkeitswerkstätten, runde Tische und viele andere Formate, die alle das gleiche Ziel haben: erstens angemessene Repräsentation von Unterschiedlichkeit und auch “die Erkenntnis, dass uns Vielfältigkeit grundlegend bereichert.” Dies zu erkennen und zu sehen, insbesondere im Unternehmenskontext. Rainbow Washing und Pinkwashing hilft zur Sensiblisierung und ist ein guter erster Schritt, braucht aber in der Folge Umsetzungsprojekte, da insbesondere der Konsument damit nicht zufrieden ist. Sich dementsprechend wirklich um das Konzept von Diversity Gedanken zu machen, ist wichtiger Bestandteil von modernen Unternehmen und deren Kultur.
Diversität und die Verhinderung des Stereotype Threat
Der Stereotype Threat wurde 2007 von Roberson und Kulik festgehalten und bezeichnet die Angst davor, Stereotypen konfrontiert und aufgrund dieser negativ beurteilt zu werden. Sowie durch das eigene Verhalten, die Stereotypen, die um die eigene Gruppe kreisen, zu bestätigen. Oft führt diese Angst bei Menschen, die von diesem Stereotyping besonders betroffen sind, zu Leistungseinbußen. Insbesondere bei leistungsmotivierten MitarbeiterInnen aus marginalisierten Gruppen, die schwierige Aufgaben zu erfüllen haben.
Die Umgehung dieses Stereotype Threat legt also Nahe, das Unternehmen so zu gestalten, dass der Eindruck eines Stereotyping überhaupt gar nicht erst entsteht. Dass das Unternehmen dementsprechend divers gestaltet sein sollte. Zudem geht es bei den betriebswirtschaftlichen Konzepten von Diversity vor allem um Nutzung verschiedener Perspektiven als eine Ressource. Eine, die in Geschäftsabläufe sinnvoll integriert, zusätzlich Performance verbessern kann.
Zahlen und Fakten: Studien zum Thema Diversity, Performance und Profitability
Eine Studie mit dem Namen “Diversity Wins“, die vom US-Unternehmen McKinsey durchgeführt wurde, fand heraus, dass die Unterschiede zwischen Unternehmen, die sich um Diversität kümmern und solchen, die das nicht tun, zunehmend wachsen: So performten im Jahr 2014 die Unternehmen, die sich um Geschlechterdiversität kümmern 15 Prozent besser, im Jahr 2020 performten die Unternehmen, die sich überdurchschnittlich um Geschlechterdiversität kümmern um 25 Prozent besser. Das bedeutet, dass der Gap zwischen Unternehmen mit und ohne Geschlechterdiversität auch weiterhin wächst. Mit zunehmender Komplexität wird es in Zukunft in den Unternehmen immer wichtiger Diversität zu leben. Ein ähnliches Bild zeigte sich übrigens beim Faktor “Ethnicity”, bei dem ein 35prozentiger Unterschied in der Performance festgestellt werden konnte.
Eine weitere Studie der PageGroup kam zu dem Ergebnis, dass vor allem Teams effektiver arbeiteten, wenn sie gemischt bzw. divers waren. So geben dort Befragte mehrheitlich an, von einer besseren Zusammenarbeit in Teams (52 Prozent),einer gesteigerten Mitarbeiterbindung (50 Prozent) und einer höheren Innovationskraft (27 Prozent) zu profitieren. Diversity verbessert Teamsituationen und die Zusammenarbeit also wesentlich.
Die eigenen Privilegien reflektieren
“Check your Privilege!” lautet ein US-Amerikanischer Ausdruck für das Reflektieren der eigenen Privilegien gemäß dem Intersektionalitätskonzept. Dieses Konzept besagt, dass eine Person je nach eigener individueller Ausprägungen von klassenspezifischer, ethnischer und geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sein kann, also von verschiedenen Diskriminierungsarten und -formen. Die eigenen Privilegien in diesen 3 Dimensionen zu erkennen und welche Zusammenhänge zwischen ihnen bestehen ist hierbei enorm wichtig. So sind zum Beispiel Managementpositionen oft eher weiß, männlich und aus der (oberen) Mittelschicht besetzt. Sich selbst also auch hinterfragen zu können, ist für diverse Unternehmen von Bedeutung.
Diversity im Unternehmen verankern
Um Diversity personell und persönlich umsetzen und leben zu können, gilt es vor allem, Offen für Beziehung zu sein: Zuhören, mit Respekt entgegenzutreten, dem Gegenüber zu vermitteln dass man ihm vertraut (auch um dem Stereotype Threat entgegenzuwirken), einen Perspektivwechsel einzunehmen und so gut wie möglich zu versuchen, die Position der Person nachzuvollziehen. Tabuthemen und blinde Flecken der Organisation können hinterfragt werden. Stereotyping wird entlarvt.
Erst dann kann die Unternehmenspraxis wirklich inklusiv werden und sich dem Diversitätskonzept nicht nur nähern, sondern es auch wirklich umsetzen. Hierzu bieten sich Methoden wie Sounding Board, die bei Veränderungen aktiv Meinungen von Betroffenen einholt, Vertrauen ist gut, um dem Stereotype Threat entgegenzuwirken, der Zukunftssalon, bei dem es darum geht, miteinander, statt aneinander vorbei zu reden, sowie Agil als Führungskraft, um Selbstreflektionsprozesse, vor allem für eigene Privilegien, anzuregen.
Roberson L, Kulik CT (2007) Stereotype threat at work. AoM Perspekt
Rainbow Washing Is A Thing, Here’s Why It Needs To Stop | Urban List (theurbanlist.com)
Diversity wins: How inclusion matters (mckinsey.com)
Intersektionalität (uni-bielefeld.de)
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